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QM – Weniger ist mehr! Teil 2

Wolfgang Bruns

Von Wolfgang Bruns, Berater der KKB

Die Erwartung, dass ich Ihnen ein detailliertes QM-Handbuch vorstelle, dass mindestens 3 dicke Ordner zum Bersten füllt und zu 100% im Alltag umgesetzt wird, muss ich enttäuschen. Stattdessen postuliere ich:

 

Weniger ist mehr!

 

Dabei scheint mein Ansinnen im Widerspruch zum vermeintlichen Anspruch in der Praxis und zur subjektiven Gefühlslage der Betroffenen zu stehen. Denn offenbar gibt es im Alltag immer mehr zu regeln.

Wie sieht ihr aktuelles QM aus?

Praxisimpressionen

 

Die laufenden Veränderungen, beispielsweise die Umsetzung des ‚neuen‘ Pflegebedürftigkeitsbegriffs, die Umstellung auf Pflegegrade, der Wechsel der Prozessplanung auf das Strukturmodell, die Änderung der MDK-Prüfungsmodalitäten sowie die Aktualisierung Nationaler Expertenstandards plus weiterer geplanter Standards – lösen Unsicherheit bei Mitarbeiter*innen aus.

 

 

 

 

Auch Leitungskräfte sind manchmal frustriert über die Arbeitsfülle, die durch die Neuerungen ausgelöst wird.

Frustration

Jeder Mensch reagiert auf Frustration anders, in der Regel so, wie er es sehr früh gelernt hat.

 

Mögliche Reaktionen sind:

 

  • Aktivismus – Teilweise zielloses Handeln
  • Aggression – Offen oder verdeckt, z. B. als „sachliche“ Kritik oder passiver Widerstand
  • Abwehrmechanismen – Oft unbewusst
  • Flucht – Ausstieg aus überfordernden Bereichen
  • Verlagerung – Verstärkte Aktivitäten im Hobbybereich

QMH ???

Manchmal resignieren Mitarbeitende, d.h. sie werden kraft -und energielos; können sich dann oft gar nicht daran erinnern, dass es Neuerungen gibt. Und auch die Beschreibungen im QM-Handbuch werden nicht zur Kenntnis genommen, geschweige denn dass diese Beschreibungen hilfreich sein könnten!

 

So lässt sich – zwar nicht kausal – aber ansatzweise erklären, warum Mitarbeiter*innen

 

 

  • vom QM-Handbuch noch nichts gehört haben oder gehört haben wollen,
  • das OM-Handbuch verstaubt im Regal stehen bleibt,
  • wichtige Elemente aus dem QM-Handbuch nicht auf dem aktuellen Stand sind,
  • Elemente des QM-Handbuches bei neuen Mitarbeiter*innen nicht in die Einarbeitungsphase integriert sind und somit das Rad immer wieder neu erfunden wird,

 

Aber es gibt eine Form von Bewältigung!

Wenn ich meine Ziele nicht auf direktem Wege erreichen kann, suche und wähle ich andere Wege, um an mein Ziel zu gelangen.

 

Gerade Leitungskräfte in „Sandwich“-Positionen (Druck von oben und Erwartungen von unten) können eine hohe Frustrationstoleranz entwickeln.

 

 

 

 

 

 

Wollen Sie das Thema für sich als Leitung oder Ihre Mitarbeiter*innen vertiefen?

Gern senden wir Ihnen einen Selbsttest zum Thema „Frustrationen im Arbeitsalltag“ zu. Fordern Sie den Check per Mail im KKB-Büro an.

Die Vision

Welche Vision haben Sie von Ihrem QM?

 

Wenn Sie diesen negativen Überforderungsprozess durchbrechen wollen, lassen Sie sich für einen kurzen Moment auf eine neue Perspektive ein.

 

Lösungsorientierte Interventionsansätze greifen Visionen auf, um Menschen einen klaren Blick auf die Zukunft zu ermöglichen und Ziele daraus abzuleiten. (s. a. Furmann u. Ahola 2016).

 

Wie wäre es mit einem Blick in die Zukunft?

 

Sehr gern möchte ich für Sie eine Vision entwickeln. Sie können sich ganz beruhigt auf die „Reise“ einlassen. Denn: Es passiert Ihnen nichts. Wenn die Vision Sie nicht anspricht, kehren Sie unbeschadet in Ihren Alltag zurück.

Also: Genießen Sie die Vision ohne Vorbehalte.

 

 

Bevor es losgeht:

  • Suchen Sie sich einen Ort, wo Sie möglichst ungestört sind.
  • Suchen Sie sich einen bequemen Platz.
  • Sitzen, noch besser liegen Sie bequem?

Die Zukunft

In Gedanken „beamen“ Sie sich auf der Zeitschiene ab heute betrachtet zwei Monate weiter.

 

Sie sind draußen in einem Park, haben eine Decke ausgebreitet, liegen auf dem Rücken und schauen den langsam ziehenden Wolken am Himmel zu. Es dauert gar nicht lange und Sie können sich gut entspannen.

 

 

 

Vereinzelt um Sie herum alte Bäume im noch frischen Grün, die der Wiese hier und da und Ihnen teilweise Schatten spenden. Sie spüren auf Ihrer Haut die frühlingshafte Wärme der Sonne, hören das leise Rascheln der Blätter vom kaum spürbaren Wind, das Plätschern des in der Nähe dahinfließenden Baches. Sie fühlen sich wohl und sind zufrieden … mit sich und Ihrem Leben. Sie schließen die Augen. Jetzt sind Sie sehr entspannt.

 

Einen kurzen Moment schweifen Ihre Gedanken zu Ihrer Arbeitsstelle. Dort ist es Ihnen gelungen, die Mitarbeiter*innen binnen kurzer Zeit für ein „neues“ QM zu gewinnen. Denn Sie haben das QM so ausgerichtet, dass es realistisch, erreichbar, verständlich, akzeptiert und nachvollziehbar ist.

 

Das macht Sie sehr zufrieden und nicht nur Sie, sondern auch Ihre Mitarbeiter*innen, die schon nach kurzer Zeit auch Erfolge ihrer Arbeit bei Bewohnern und Angehörigen wahrnehmen können. Das wird sich auch in der Außenwirkung des Betriebes bemerkbar machen. Diese Gedanken hinterlassen ein gutes Gefühl bei Ihnen und Sie sind sehr zufrieden.

 

Ein warmer, heller Sonnenstrahl trifft Ihre Augen. Ist das alles nur ein Traum? Waren Sie eingeschlafen? Sie öffnen die Augen …

… fangen eine Wolke ein und folgen ihr noch eine Weile. Mit der Zeit lösen Wind und Sonne die Wolke auf.

 

Über Ihnen jetzt – soweit das Auge reicht – der blaue Himmel.

 

 

Die Reise in die Zukunft geht jetzt langsam zu Ende und Sie kommen wieder im Hier und Jetzt an.

 

Mitgebracht von Ihrer Reise in die Zukunft haben Sie Ihr „Sein“ im Park, mit den Momenten von Ihrer Arbeitsstelle, die Sie so zufrieden gemacht haben. Gern wollen Sie von Zeit zu Zeit daran denken und sich an das gute Gefühl erinnern, denn es gibt Ihnen Kraft im Hier und Jetzt.

Stellschrauben

Willkommen in der Gegenwart: Jetzt sind Sie als Leitungskraft gefordert, gezielt zu handeln.

 

Lassen Sie uns ein Moment auf der Zeitschiene zurückgehen. Und zwar geht es um den Zeitpunkt, als die Corona-Pandemie sich zu Beginn 2020 ausbreitete und Corona-Hygieneregeln im stationären und ambulanten Arbeitsfeld greifen mussten und sollten.

 

Wie sollte in dieser konkreten Situation das QM-Handbuch und der Prozess der Implementierung gestaltet sein, dass QM bei den Mitarbeiter*innen nachhaltig wirkt?

 

Gern möchte ich diese Frage beispielhaft am Thema Controlling aus dem QM verdeutlichen:

 

  • Helfen die sogen. „großen Visiten“ weiter?   Nein. Sie dauern viel zu lange, bis man das gewünschte Ergebnis über die Umsetzung beim einzelnen Mitarbeiter, geschweige denn bei allen Mitarbeiter*innen hat?

 

  • Würde eine sogen. „fokussierte Visite“ helfen?  Nein. Es würde die Zeit zwar verkürzen, um einen IST-Stand zu ermitteln, aber nicht im ausreichenden Maß.

 

  • Würde ein Kritikgespräch mit einem Mitarbeiter nutzen, der sich nicht an die Hygieneregeln hält? Vielleicht. Es ist abhängig davon, wie das Gespräch aus Sicht der Leitung geführt wird. Wenn beispielsweise – extremerweise – ein Exempel bei einem Mitarbeiter statuiert werden soll, würden sich wahrscheinlich alle Mitarbeiter*innen daran halten, weil sie sich daran halten müssen, da ansonsten arbeitsrechtliche Sanktionen drohen. Halten sich die Mitarbeiter*innen auch daran, wenn Sie als Leitung nicht präsent sind?

 

Ziel muss sein, Formen der Rückmeldung zu finden, bei denen Aufwand, Nutzen, der Zeitfaktor und das Vertrauensverhältnis zwischen Leitung und Mitarbeiter*innen im guten Verhältnis stehen.

Die Alternative

„By the way“-Visiten in Kombination mit der “Eis”-Methode

 

Hier ein Beispiel für die Kombination dieser Methoden:

 

 

Und dazu ein Auszug wesentlicher Elemente der zugehörigen Verfahrensanweisung:

 

Intention

Durch die qualitativen Anforderungen sind die zur Verfügung stehenden Zeitressourcen für Leitungskräfte und Mitarbeiter*innen knapp.

 

Um einen hohen Umsetzungsgrad und Nachhaltigkeit zu erzielen, können „by-the-way“-Visiten eine Möglichkeit sein, um Delegation und Controlling in Einklang zu bringen und den fachlichen Austausch zwischen Fach- und Leitungskräften zu sichern.

 

Ziele

Die „by-the-way“-Visite dient als Instrument und Orientierungshilfe, um die vereinbarte Dienstleistungsqualität zu erreichen.

Mit geringem Aufwand lässt sich ermitteln, wie flächendeckend und nachhaltig ein bestimmtes Pflege- und Betreuungsthema umgesetzt worden ist.

 

Zuständigkeit

Für den Einsatz der „by-the-way“-Visiten zeichnet sich für die Pflege und Betreuung die PDL im Rahmen der Gesamtverantwortung zuständig.

Im weiteren Prozessverlauf führen diese Form der Visiten auch Bezugspflegefachkräfte bei nachgeordneten Mitarbeitern durch.

 

Mitgeltende Dokumente

Mehrere „by-the-way“-Visiten kommen in Betracht, beispielsweise (alphabetische Reihenfolge):

  • Hygiene bei Covid-19 (ausgewählte Maßnahmen)
  • Wohlbefinden der Bewohner

 

Aus-/Bewertungskriterien

Als Qualitätsanspruch für die Variante der „by-the-way“-Visiten gilt:

  • Controllingaufgaben auf möglichst viele Personen zu verteilen, dass selbst BPFK bei nachgeordneten Mitarbeitern diese Aufgabe wahrnehmen können.
  • Gegenstand der Visite können Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen gleichermaßen sein.
  • Mit wenigen, gezielt ausgesuchten, relevanten Beurteilungskriterien lässt sich exemplarisch ein solides Ergebnis erzielen; eine „umfassende Vollständigkeit“ ist häufig nicht notwendig.
  • Eine einfache „Ampel“-Bewertung führt zu einer zeitnahen Aus-/Bewertung.
  • Der Dreiklang der „Eis“-Methode sorgt dafür, dass die Ergebnisse gemeinsam bewertet werden können.
  • „Selbst- vor Fremdeinschätzung“ steht möglichst im Vordergrund, um die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter*innen zu stärken.

 

Diese Verfahrensanweisung können Sie auch als PDF-Datei herunterladen sowie das Beispiel als Word-Datei.

Die “EIS”-Methode

Die EIS-Methode verhilft zu einer optimierten Einschätzung und Bewertung einer Situation.

 

 

E = Ergebnis: Es ist interessant zu erfahren, wie viele Mitarbeiter*innen eine FFP2-Maske tragen. Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Von 10 beobachteten Mitarbeiter*innen tragen 8 Personen die Masken bei der stichpunktartig durchgeführten btw-Visite korrekt.

 

I= Interpretation: Bei diesem 2. Schritt stellt sich die Frage, wie das Ergebnis (8 von 10 Mitarbeitern tragen eine Maske) interpretiert wird. Dazu ein paar mögliche Antworten:

  • “Es sind doch fast alle, die eine Maske tragen“
  • “Zwei haben es immer noch nicht kapiert“
  • „Immer wieder dieselben Personen, die auffallen. Und eine von den beiden Personen ist Vorgesetzte.“

 

 S = Schlussfolgerung: Je nachdem, wie Ergebnis und Interpretation ausfallen, werden Schlussfolgerungen gezogen und Maßnahmen ergriffen. Hier:  Sofortiger Start eines passenden Verbesserungsprozesses.

Neue Autorität

Es gibt eine Vielzahl von Stellschrauben, die Sie benutzen können, um Ihr QM effektiver und schlanker zu machen.

 

 

Ein wichtiger Aspekt zur Steigerung der Wirksamkeit ist die Führungshaltung der  „Neuen Autorität“ (s. a. Geisbauer 2018).

Wichtige Aspekte lauten:

 

  • Präsenz versus Distanz
  • Transparenz versus Abschottung
  • Beharrlichkeit versus Dringlichkeit
  • Entschiedenheit versus Dominanz
  • Selbstführung versus Kontrolle
  • Deeskalation versus Eskalation
  • Vernetzung versus Hierarchie

 

Sie sehen, hier schließt sich der Kreis zwischen wirksamem Instrumenteneinsatz und zeitgemäßer Führung. Eine Führungskraft, die sich der „neuen Autorität“ verpflichtet fühlt, geht zu den Menschen in der Praxis und prüft nicht vom PC aus; sie entscheidet sich für transparente Methoden, Daten, Ziele und Vereinbarungen; sie bleibt dran an den Themen und ist konsequent – auch darin, die Mitarbeitenden zur Selbstverantwortung und -kontrolle zu führen.

Weiterführende Literatur

Furman, Ben; Ahola, Tapani (2016): Es ist nie zu spät, erfolgreich zu sein. Ein lösungsfokussiertes Programm für Coaching von Organisationen, Teams und Einzelpersonen. 2. Auflage. Heidelberg: Carl-Auer.

 

Geisbauer, Wilhelm (2018): Führen mit Neuer Autorität. Stärke entwickeln für sich und das Team. Heidelberg: Carl-Auer.

Weitere Hilfe

Soweit in diesem Newsletter der kleine Ausflug in die „Neue Welt“ des QM.

 

Sind Sie interessiert am Thema? Wollen Sie mehr erfahren?   Im nächsten Newsletter geht es speziell um …  Lassen Sie sich einfach überraschen 😊

 

Selbstverständlich unterstützen wir Sie gerne!

  • Ihrem bestehenden QM eine zukunftsorientierte Ausrichtung zu geben
  • Möglichst schnell wesentliche neue Elemente des QM einsatzfähig zu machen
  • Und/oder sind für Sie als externe QM tätig

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!