Tagespflegeleitungen leiden darunter, dass sie in ihrer Managementfunktion oft nicht ganz ernst genommen werden: Sie haben ja „nur“ ein kleines Team zu führen, keine „schwere“ Pflege zu leisten und ungünstige Arbeitszeiten kommen auch so gut wie nicht vor.
„Du hast es gut, musst einfach immer nur nett sein und schon sind alle happy!“, bekommen Tagespflegeleitungen oft von ihren PDL-Kolleginnen aus dem ambulanten und stationären Bereich zu hören. Doch nett gemeint ist das nicht …
Natürlich sind Sie als Tagespflegeleitung Ihre eigene Marketingabteilung. Sie gewinnen dann am leichtesten Kunden und Netzwerkpartner, wenn Sie kommunikativ, höflich, gastfreundlich, einladend offen zum Quartier und begeisternd kompetent sind. Aber NETT?
Als „nett“ bezeichnet zu werden, setzt meist herab. Es ist eben nicht das gleiche wie „freundlich“, also das anerkennende, respektvolle und wohlwollende Verhalten eines stabilen Menschen gegenüber seiner sozialen Umgebung. „Nett ist die kleine Schwester von Doof“, sagt man. Nett sein heißt, dass eine Person Angst hat, ihre Interessen zu vertreten, sich abzugrenzen und Anforderungen selbstbewusst zurückzuweisen. Sie bleibt erwartbar in der Komfortzone des angepassten Sozialverhaltens, übernimmt Aufgaben und leistet Gefälligkeiten, die sie eigentlich nicht möchte. Sie traut sich nicht, nein zu sagen.
Nett sein schadet Ihnen als Führungsperson auf allen Ebenen. Wer in die Nettigkeitsfalle tappt, signalisiert, dass seine Anliegen nicht so wichtig sind wie die der anderen, und zieht keine Grenzen, wo es notwendig wäre. Die Folge: Unfähigkeitsgefühle und Selbstvorwürfe. Das nagt am eigenen Selbstbewusstsein. Die daraus entstehende innere Wut belastet die Beziehungen zu den Teammitgliedern. Die Folge: Vorwürfe, emotionale Ausbrüche bei Kleinigkeiten, die kaum jemand versteht. Die Führungswirksamkeit wird dann auf eine harte Probe gestellt.
Und wie vermeidet man es, in diese Schublade gesteckt zu werden, wenn sie doch in den Augen der anderen so schön zum Arbeitsfeld passt?
Üben Sie drei Tage lang vor dem Spiegel ein Zauberwort in allen Facetten. Es heißt: „Nein“. Sagen Sie es in allen Tonarten, mit allen Gesichtsausdrücken, üben Sie das Wort beim achtsamen Umhergehen. Machen Sie sich ruhig zum Clown, improvisieren Sie mit Ihrer Stimme.
Und dann: Schreiben Sie auf, wer Sie wirklich nervt und wer Ihnen das Gefühl gibt, Sie auszunutzen oder nicht ernst zu nehmen, Sie nicht auf Augenhöhe zu sehen. Stellen Sie sich aufrecht hin mit festem Stand und stellen Sie sich vor, wie Sie dieser Person ein Nein zur Antwort auf eine Bitte geben. Ohne Erklärung! Und? Fühlt sich das gut an?
Süß, Nele. 2019.
Wege aus der Nettigkeitsfalle. Der ideale Ratgeber für schrecklich nette Menschen